Die Europäische Union

Der Aufbau und die Organisation der EU können nicht mit jenem eines Nationalstaates (eines Landes), wie z.B. der Schweiz, verglichen werden. Denn die EU ist kein eigenes Land – sie ist ein sogenannter Staatenbund, in dem verschiedene Länder zusammenarbeiten. 

Wie sie entstanden ist, und wie sie funktioniert findest du in diesem Dossier!

Übersicht

  • Wie ist die EU entstanden?
  • Wer ist Mitglied der EU?
  • Was macht die EU?
  • Wer entscheidet in der EU?
  •  Was sind die Aufgaben der EU?
  • Wie sieht die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU aus?

Wie ist die EU entstanden?

Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten verschiedene Länder in Europa stärker zusammenarbeiten, um den Frieden in Europa zu sichern. Zuvor gab es vor allem zwischen Frankreich und Deutschland immer wieder Kriege. Um durch die wirtschaftliche Zusammenarbeit den Frieden zu fördern, wurde im Jahr 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet.

Der EGKS folgten weitere europäische Abkommen. Aus dieser Entwicklung entstanden die Europäischen Gemeinschaften (EG). Die EG fassten die bisherigen Abkommen in Europa zusammen. Immer mehr Länder haben sich anschliessend den EG angeschlossen. Im Jahr 1992 wurde durch den sogenannten Vertrag von Maastricht die Europäische Union (EU) gegründet. Die EU fasste die Verträge der EG zusammen und erweiterte diese.

Heute sind 27 europäische Länder Teil der Europäischen Union. Ausser Lichtenstein sind alle Nachbarländer der Schweiz in der EU. Die Schweiz ist kein Mitglied der EU.

  • 1951 Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

  • 1957 Verträge von Rom Grundlage für gemeinsamen Markt

  • 1960 Gründung der EFTA

    Die EFTA ist eine internationale Organisation  mit vier Mitgliedern: Island, Lichtenstein, Norwegen und der Schweiz. Das Ziel der EFTA ist Freihandel und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten. Die Organisation hat aber Freihandelsabkommen mit anderen Organisationen, wie zum Beispiel der EU und anderen Staaten ausserhalb Europas

  • 1993 Gründung der EU durch den Vertrag von Maastricht

  • 2002 Der Euro wird als Bargeld eingeführt

  • 2009 Vertrag von Lissabon

Wer ist Mitglied der EU?

Europäische Gemeinschaften (EU-Vorgänger):

1958: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande 

1973: Dänemark, Irland, Vereinigtes Königreich (bis 2020)

1981: Griechenland

1986: Portugal, Spanien

Ab Gründung der Europäischen Union

1995: Finnland, Österreich, Schweden

2004: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern

2007: Bulgarien, Rumänien

Der « Brexit »

Im Juni 2016 haben 51.9 Prozent der Stimmbevölkerung im Vereinigten Königreich dem Austritt aus der Europäischen Union zugestimmt. Der Austritt (English: Exit) des Vereinigten Königreichs (Englisch: Great Britain) aus der EU ist als «Brexit» bekannt. Nach langen Verhandlungen ist das Vereinigte Königreich am 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union ausgetreten. Seit dem Austritt aus der EU ist das Vereinigte Königreich auch nicht mehr Mitglied des Schengenraums. Das heisst, dass z. B. für britische Bürger/-innen die Personenfreizügigkeit nicht mehr gilt. Die Personenfreizügigkeit besagt, dass Personen innerhalb des Schengenraums frei wählen dürfen, wo sie leben.

Weil das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil der EU ist, hat es mit der EU einen Partnerschaftsvertrag ausgehandelt, der seit dem 01. Januar 2021 gilt. Der Partnerschaftsvertrag regelt die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Der Vertrag beinhaltet ein Freihandelsabkommen, ähnlich wie es die Schweiz mit der EU hat. Import und Export sollen weiterhin einfach bleiben, aber es gibt neue Regelungen. Seit Januar 2022 werden zum Beispiel Import-Güter für Unternehmen kontrolliert. Import Güter sind Güter, wie z. B. Lebensmittel, die aus einem anderen Land eingekauft werden.

Was macht die EU?

Das Ziel der EU ist es, die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken. Das wichtigste wirtschaftliche Ziel ist der europaweite Binnenmarkt. Ein Binnenmarkt ist ein gemeinsamer Markt, in dem freier Handel betrieben wird. Die Grundlage des Freihandels bilden die folgenden vier Freiheiten: der freie Verkehr von Waren, von Personen (Personenfreizügigkeit), von Dienstleistungen und von Kapital.

Zum Beispiel: 

Katja ist aus Deutschland und ist Schuhmacherin. Sie möchte ihren eigenen Schuhladen eröffnen. Dafür nutzt sie die vier Freiheiten der EU:

Kapitalfreiheit: 

Damit Katja den Laden eröffnen kann, braucht sie Geld (Kapital). Ein Investor aus Lettland stellt ihr dieses Geld zur Verfügung.

Dienstleistungsfreiheit: 

Katja beauftragt eine Architektin aus Schweden den Bau ihrer Filiale zu planen.

Personenfreizügigkeit: 

Während ihrem Urlaub hat sie den italienischen Schuhmacher Peppino kennengelernt. Nach der Eröffnung des Schuhladens kommt Peppino nach Deutschland und arbeitet für Katja.Libre circulation des personnes :

Warenfreiheit: 

Besonders in Polen ist die Nachfrage nach Peppinos und Katjas Schuhen sehr gross. Deshalb verschickt Katja viele Schuhe nach Warschau.

Der Verkehr von Waren, Kapital, Personen und Dienstleistungen ist auch in anderen Ländern möglich. Jedoch gibt es da oft strenge Regeln und Einschränkungen. Damit im ganzen Binnenmarkt der EU die gleichen Freiheiten gelten können, wurden die Einschränkungen aufgehoben und die Gesetze in den Mitgliedstaaten werden fortlaufend vereinheitlicht. Neben diesem gemeinsamen Binnenmarkt fördert und regelt die EU die Zusammenarbeit auch in anderen Bereichen, wie z.B. in der Umwelt, der Bildung oder dem Verkehr.

Wer entscheidet in der EU?

Der Aufbau und die Organisation der EU können nicht mit jenem eines Nationalstaates (eines Landes), wie z.B. der Schweiz, verglichen werden. Denn die EU ist kein eigenes Land – sie ist ein sogenannter Staatenbund, in dem verschiedene Länder zusammenarbeiten. Die EU ist also nicht souverän (eigenständig). Das bedeutet, sie hat nur die Zuständigkeiten, die ihr von den Mitgliedstaaten übertragen wurden.

Die EU besteht aus vielen verschiedenen Organen. Die Organe sind Institutionen der EU, die für die Zusammenarbeit und das Funktionieren der EU verantwortlich sind. Die grössten Organe der EU sind:

Der Europäische Rat

Im Europäischen Rat sitzen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten. Sie legen die allgemeinen Ziele und Prioritäten der EU fest.

Die Europäische Kommission

Die Europäische Kommission ist die Exekutive der EU. Sie besteht aus einer Vertretung pro Mitgliedstaat. Sie schlägt neue Gesetze vor, überwacht die Gesetze und verwaltet die Einnahmen und Ausgaben der EU. 

Der Rat der Europäischen Union (Ministerrat)

Im Rat der Europäischen Union treffen sich die Minister/-innen der Mitgliedstaaten.  Minister/-innen sind in der Regierung des jeweiligen Landes und sind für einen bestimmten Bereich verantwortlich. So treffen sich im Ministerrat z.B. alle Aussenminister/-innen oder alle Finanzminister/-innen der Mitgliedstaaten, je nach Anliegen, das besprochen wird. Sie erlassen rechtliche Vorschriften (z. B. Gesetze und Verordnungen).

Das Europäische Parlament

Das Europäische Parlament besteht aus 705 Mitgliedern aus verschiedenen Landesparteien. Die Mitglieder werden in jedem Land separat gewählt. Das Europäische Parlament ist dadurch die Vertretung der Bürger/-innen. Wie viele Vertreter/-innen ein Mitgliedstaat im Europäischen Parlament hat, ist von seiner Bevölkerungsgrösse abhängig. Das Europäische Parlament verabschiedet zusammen mit dem Rat der Europäischen Union die Gesetze. Es ist also Teil der Legislative.

Gerichtshof der Europäischen Union

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) bildet die Judikative der EU. Das bedeutet, er kontrolliert, dass alle Mitgliedstaaten der EU das Recht der EU korrekt anwenden. Zusätzlich trifft der EuGH Entscheidungen über rechtliche Streitigkeiten zwischen nationalen Regierungen und den EU-Institutionen.

Europäische Zentralbank

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Bank der EU. Sie ist für die Verwaltung der Währung Euro, für stabile Preise und die Umsetzung der Wirtschafts- und Währungspolitik der EU zuständig.

Was sind die Aufgaben der EU?

Die Aufgaben sind zwischen der EU und den Mitgliedstaaten aufgeteilt. Grundsätzlich kann die EU nur jene Aufgaben wahrnehmen, die in Verträgen geregelt sind. Damit ein Vertrag gilt, müssen alle Mitgliedstaaten einverstanden sein. Die Mitgliedstaaten entscheiden also selbst, welche Aufgaben die EU haben soll.

  • Es gibt Bereiche, für die die EU allein zuständig ist. Die EU kann in diesen Bereichen eigenständig Gesetze beschliessen. Die Mitgliedstaaten müssen sich an die Gesetze halten. Die Mitgliedstaaten können in diesen Bereichen keine eigenen Gesetze beschliessen (z.B. in der Handelspolitik).
  • Für andere Bereiche sind die EU und die Mitgliedstaaten gemeinsam zuständig. Die Mitgliedstaaten beschliessen in diesen Bereichen eigene Gesetze, die EU kann diese aber ergänzen (z.B. in der Umweltpolitik).
  • In gewissen Bereichen beschliessen die Mitgliedstaaten selbst Gesetze, sprechen sich aber mit anderen Mitgliedstaaten ab und arbeiten zusammen (z.B. Zusammenarbeit der Polizei).
  • In den restlichen Bereichen sind die Mitgliedstaaten unabhängig. Für diese Bereiche beschliessen sie selbst Gesetze (z.B. in der Jugendförderung).

Wie sieht die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU aus?

Die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU wird immer wieder diskutiert. Das Schweizer Volk konnte schon mehrmals darüber abstimmen.

  • 1992: 50.3% Nein-Stimmen zum Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Mit einem Beitritt hätte sich die Schweiz noch stärker am EU-Binnenmarkt beteiligen können.
  • 2000: 67.2% Ja-Stimmen zu den Bilateralen Verträgen I als Alternative zum EWR
  • 2001: 76.8% Nein-Stimmen zu einer EU-Beitrittsinitiative
  • Zwischen 2005 und 2009: Verschiedene Erweiterungen der Bilateralen Beziehungen (darunter die Bilateralen II)
  • 2019: 63.7% Ja-Stimmen zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie

Die Schweiz ist kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU). Sie arbeitet aber eng mit der EU zusammen. Dazu hat sie mit der EU verschiedene Verträge ausgehandelt, unter anderem die Bilateralen I und II.

Bilaterale Verträge I

Die Bilateralen I gelten seit 2002. Sie bestehen aus sieben einzelnen Verträgen. Die Verträge bilden ein Paket: Wenn ein Vertrag der Bilateralen I gekündigt wird, werden alle anderen Verträge der Bilateralen I ungültig (Guillotine-Klausel). Durch die Bilateralen I hat die Schweiz in gewissen Bereichen Zugang zum EU-Binnenmarkt. Ein Vertrag der Bilateralen I ist zum Beispiel die Personenfreizügigkeit. Darin wird geregelt, dass Arbeitnehmer/-innen grundsätzlich frei wählen können, ob sie in der EU oder in der Schweiz arbeiten und wohnen wollen. Weitere Verträge der Bilateralen I beschäftigen sich zum Beispiel mit der Forschung und der Landwirtschaft.

Bilaterale Verträge II

Die Bilateralen II gelten seit 2005. Sie bestehen aus neun einzelnen Verträgen. Ein Vertrag ist zum Beispiel das Schengen-Abkommen, das die Grenzkontrollen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz aufhebt. Wer zum Beispiel von der Schweiz nach Frankreich reist, muss nicht durch die Grenzkontrolle. Weitere Verträge der Bilateralen II beschäftigen sich zum Beispiel mit Medien, Bildung und Umwelt.

Rahmenabkommen mit der Schweiz

Die Schweiz und die EU haben seit 2002 über ein Rahmenabkommen verhandelt. Diese wurden aber am 26.05.2021 die Verhandlungen ohne neues Rahmenabkommen beendet.

Um die Beziehungen zur EU aufrecht zu erhalten, will der Bundesrat weitere Gespräche über bestehende Verträge führen. Deshalb haben die Schweiz und die EU am 18.03.2024 die Verhandlungen wieder aufgenommen. Laut dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sind die Verhandlungen in den meisten Punkten weit fortgeschritten. In den Bereichen der Personenfreizügigkeit, dem Strom und dem Schweizer Kohäsionsbeitrag wird intensiv weiterdiskutiert.

Hintergrund Rahmenabkommen

Mit dem Rahmenabkommen wollten die Schweiz und die EU festlegen, wie die gemeinsamen Regeln in den bilateralen Verträgen weiterentwickelt werden. Zudem sollte geklärt werden, wie Streitigkeiten gelöst werden (z. B. wenn die Schweiz und die EU bestimme Regeln unterschiedlich verstehen).