Übersicht

  • Was ist die Altersvorsorge?
  • Wie wird die Altersvorsorge finanziert?
  • Warum braucht es eine Reform?
  • Wie weiter?

Was ist die Altersvorsorge?

Wozu braucht es die Altersvorsorge?

In der Schweiz ist gesetzlich geregelt, dass niemand bis zum Lebendsende arbeiten muss. Normalerweise werden Menschen in der Schweiz mit 65 Jahren pensioniert. Wenn eine Person pensioniert wird, muss sie nicht mehr arbeiten und erhält daher keinen Lohn mehr. Damit sie nach der Pensionierung doch noch Geld zum Leben hat, gibt es die Altersvorsorge. 

Aufbau Altersvorsorge

In der Schweiz ist die Altersvorsorge in drei Teile aufgeteilt, den sogenannten Säulen. Darum wird bei der Schweizer Altersvorsorge vom «3-Säulen-Prinzip» gesprochen. 

Die AHV (1. Säule) ist dafür da, dass Pensionierte im Ruhestand die minimalen Lebenskosten bezahlen können. Die Pensionskasse (2. Säule) ist zur Erhaltung des gewohnten Lebensstandards da, während die private Altersvorsorge (3. Säule) dafür Sorge trägt, dass Pensionierte im Ruhestand zusätzliche Kosten bezahlen können.

Erste Säule

Die erste Säule ist die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung, auch staatliche Vorsorge genannt). Die AHV ist obligatorisch: Wer einen Lohn erhält, muss in die AHV einbezahlen (AHV-Beitrag).  Der Beitragssatz beträgt dabei 8.7 Prozent. Dabei wird je die Hälfte von den Arbeitnehmenden und von den Arbeitgebenden bezahlt. Das Geld fliesst auf ein individuelles Konto bei einer Aus-gleichskasse. Die Ausgleichskassen sind für die AHV, die Invalidenversicherung IV und die Erwerbsersatzentschädigung EO verantwortlich. Jeder Kanton und auch gewisse Berufsverbände haben ihre eigenen Ausgleichskassen.

Die Ausgleichskasse des Wohnkantons bezahlt nach der Pensionierung monatlich die AHV-Rente. Die Höhe der Rente hängt von zwei Dingen ab. Erstens hängt sie ab, wie viel eine Person während ihrer Erwerbstätigkeit durchschnittlich ver-dient hat. Es gibt jedoch eine minimale sowie eine maximale AHV-Rente. 2024 beträgt die minimale Rente 1225 Franken und die maximale Rente 2450 Franken im Monat. Zweitens hängt sie auch von der Anzahl der Beitragslücken hat. Eine Beitragslücke entsteht in jedem Jahr, in dem ein AHV-Beitrag von weniger als 422 Franken (514 Franken inkl. IV und EO) bezahlt wird. Für jede Beitragslücke zwischen dem 20. Lebensjahr und dem Pensionsalter wird die AHV-Rente um mindestens 2.3 Prozent gekürzt. Diese Beitragslücken können bis zu fünf Jahre später noch nachbezahlt werden.

Zweite Säule

Die zweite Säule bilden die Pensionskassen (auch BVG = berufliche Vorsorge genannt). Erst ab einem bestimmten Jahreseinkommen wird in die Pensionskasse eingezahlt (2023: 22'050.-). Wer diese Lohnstufe erreicht, bezahlt als Arbeitnehmer/-in gemeinsam mit dem oder der Arbeitgeber/-in, wie bei der AHV, je einen Teil des Lohnes in die Pensionskasse ein (Pensionskassen-Beitrag). 

Nach der Pensionierung kann sich jede Person entscheiden, wie das Geld von der Pensionskasse ausbezahlt werden soll. Es gibt folgende Möglichkeiten:

  • Als regelmässige Rente im Ruhestand
  • Ausbezahlen des ganzen gesparten Geldes auf einmal (Kapitalbezug)
  • Einen Teil des Geldes als Rente und einen Teil des Geldes als Kapitalbezug

Dritte Säule

Die dritte Säule ist eine Selbst-vorsorge (auch individuelle Vorsorge genannt) und ist im Gegensatz zur ersten und zweiten Säule freiwillig. Dabei kann zwischen der gebundenen Selbstvorsorge (3a) und der freien Selbstvorsorge (3b) unterschieden werden.

  • 3a: Für die gebundene Selbstvorsorge muss ein spezielles Konto eröffnet werden Das Geld kann erst kurz vor der Pensionierung wieder verwendet werden. Weil das Geld von den Steuern abgezogen werden kann, können so Steuern gespart werden. Es gibt aber einen jährlichen Maximalbetrag (2023: 7'056 Franken) der einbezahlt werden darf.
  • 3b: Die freie Selbstvorsorge ist das normale Sparen, z. B. auf einem Sparkonto.

Wie wird die Altersvorsorge finanziert?

Finanzierung AHV

Die AHV wird zu 73 Prozent durch das sogenannte Umlageverfahren finanziert: Das bedeutet, dass die aktuellen Ausgaben durch die aktuellen Einnahmen finanziert werden. Die heutigen Renten der Pensionierten werden also durch die heutigen AHV-Beiträge der ArbeitnehmerInnen bezahlt. Weil aber mehr AHV-Beiträge ausgezahlt als eingenommen werden, stammen 27 Prozent der Ausgaben der AHV aus Einnahmen von der Mehrwertsteuer, den Abgaben auf Tabak und Alkohol sowie aus anderen Steuereinnahmen des Bundes.

Finanzierung Zweite Säule

Finanziert wird die Pensionskasse durch das sogenannte Kapitaldeckungsverfahren. Das ist das Gegenteil des Umlageverfahrens. Die Pensionskasse kann man sich wie ein Bankkonto vorstellen: Die eigenen Pensionskassen-Beiträge werden auf dieses Konto einbezahlt. 

Nach der Pensionierung wird die eigene Rente oder der eigene Kapitalbezug von diesem Konto bezahlt. Das Geld, das nach der Pensionierung von der Pensionskasse ausbezahlt wird, ist also das eigene, angesparte Geld. Daher gibt es anders als bei der AHV auch keine minimale oder maximale Rente. Die Höhe hängt grundsätzlich davon ab, wie viel selbst in die Pensionskasse einbezahlt wurde. Das Guthaben kann aber nicht „aufgebraucht“ werden. Wenn eine Person länger lebt als der Durchschnitt, erhält sie mehr Geld ausbezahlt als sie einbezahlt hat. Wie viel Geld monatlich ausbezahlt wird, ist gesetzlich durch den sogenannten Mindestumwandlungssatz (heute 6.8 Prozent) vorgegeben. Ein Umwandlungssatz rechnet das angesparte Guthaben in eine monatliche Rente für die verbleibende Lebenserwartung um. Es ist auch möglich, das angesparte Geld als Kapitalbezug zur freien Verwendung teilweise oder ganz auszahlen zu lassen. Eine reduzierte Rente wird weiterhin ausgezahlt, wenn nur ein Teil des Guthabens bezogen wird. Das ausgezahlte Geld muss versteuert werden.

Finanzierung Dritte Säule

Die dritte Säule ist freiwillig. Sie ist dafür da, dass neben den ersten beiden obligatorischen Säulen auch privat und freiwillig gespart werden kann. Die dritte Säule ist ebenfalls eine Art Bankkonto: Was darauf einbezahlt wird, kann danach wieder bezogen werden. Anders als die zweite Säule, kann dieses Guthaben aber „aufgebraucht“ werden. Nur was angespart wurde, wird ausbezahlt. 

Warum braucht es eine Reform? 

Reform Erste Säule

Das Verhältnis der Personen, die AHV-Beiträge bezahlen, zu jenen Personen, die eine AHV-Rente erhalten, hat sich verändert. Dies weil bei Einführung der AHV vor mehr als 70 Jahren noch 6.6 Erwerbstätige pro pensionierter Person AHV-Beiträge bezahlt haben, heute aber nur noch 3.4 Erwerbstätige. Der Bund geht davon aus, dass das Verhältnis in Zukunft weiter sinken wird. 

Zwei verschiedene Entwicklung in der Gesellschaft sind hierfür verantwortlich: 

  • Einerseits steigt die Lebenserwartung. Menschen in der Schweiz werden immer älter und beziehen darum länger eine Rente.
  • Andererseits werden in den nächsten Jahren besonders viele Menschen pensioniert.

Deswegen beziehen immer mehr Personen eine Rente. Aufgrund der Entwicklungen gab es über die Jahre immer wieder Versuche, die Finanzierung der AHV anzupassen. Viele Versuche scheiterten jedoch im Parlament oder wurden vom Volk abgelehnt. Am 19. Mai 2019 wurde jedoch die STAF-Vorlage angenommen. Dadurch erhält die AHV 2 Milliarden Franken mehr pro Jahr. Mittelfristig ist das Finanzierungsproblem damit aber nicht gelöst.

Erklärung der Grafik: Ist die grüne Linie unter 0 (also negativ), heisst das, dass die AHV mehr Beiträge ausbezahlt als sie einnimmt. Ist die grüne Linie über 0 (also positiv), heisst das, dass die AHV mehr Beiträge einnimmt als sie ausbezahlt. Der Sprung im Jahr 2020 ist auf die STAF-Vorlage zurückzuführen, durch die die AHV 2 Milliarden Franken mehr pro Jahr zur Verfügung hat. (Quelle Grafik: Bundesamt für Statistik)

Reform Zweite Säule 

Die 2. Säule wird durch das Kapitaldeckungsverfahren finanziert. Wie bereits oben erklärt, ist die Pensionskasse wie eine Art Bankkonto. Die eigenen Pensionskassenbeiträge werden auf dieses Konto einbezahlt und nach der Pensionierung wird die Rente von diesem Konto bezahlt. Das Geld liegt aber nicht einfach nur auf dem Konto – die Pensionskasse versucht den Geldbetrag zu vergrössern. Dafür legt sie das Geld beispielsweise am Finanzmarkt an oder investiert es in Immobilien. Die Pensionskasse versucht also mit dem Geld einen Gewinn zu machen. Diesen Gewinn wird Rendite genannt. 

In den letzten Jahren sind die Renditen der Pensionskassen aber aus verschiedenen Gründen immer kleiner geworden. Ein Grund dafür ist die schwierige wirtschaftliche Lage. Das Geld, das auf das eigene Pensionskassen-Konto einbezahlt wurde, vergrössert sich also weniger stark als früher. Auf der anderen Seite leben Menschen heute viel länger als früher. Das Geld muss also länger halten. Wird von der Pensionskasse aber eine Altersrente bezogen, so ist im Gesetz vorgeschrieben, wie hoch die ist. Eine Senkung der monatlichen Rente ist aber wegen des Mindestumwandlungssatz verboten.

Die Pensionskassen haben also höhere Ausgaben aber geringere Einnahmen als früher. Die 2. Säule muss darum so reformiert werden, dass entweder die Einnahmen grösser werden (z.B. höhere Pensionskassen-Beiträge) oder die Ausgaben kleiner werden (z.B. tiefere Altersrenten oder höheres Rentenalter).

Wie weiter?

Am 25. September 2022 hat die Stimmbevölkerung zwei Reformen der AHV angenommen. Das Rentenalter der Frauen wurde auf 65 Jahre erhöht. Die ersten neun Jahrgänge von Frauen mit einem höheren Rentenalter profitieren von Ausgleichsmassnahmen. Dadurch sollen keine zu starken Unterschiede zwischen den einzelnen Jahrgängen entstehen. Die betroffenen Frauen erhalten darum entweder eine lebenslange Erhöhung der AHV-Rente oder sie können sich mit weniger Abzug früher pensionieren lassen. Auch wurde der Zeitpunkt der Pensionierung flexibilisiert. Eine Flexibilisierung des Rentenalters bedeutet, dass sich jede Person flexibel zwischen 63 und 70 Jahren pensionieren lassen kann. Zur Finanzierung wurde die Mehrwertsteuer um 0.4 Prozent erhöht.

Bei der Pensionskasse ist eine vorgeschlagene Lösung, dass der Mindestumwandlungssatz gesenkt wird. Dadurch wird die monatliche Rente kleiner, doch dafür reicht das Altersguthaben für eine längere Zeit aus. Eine andere Lösung fordert, dass während der Arbeit durch alle Arbeitnehmenden grundsätzlich mehr in die zweite Säule einbezahlt wird. Das heisst, dass ein höherer Betrag vom Lohn abgezogen wird. Dadurch wird das Altersguthaben erhöht und reicht für eine längere Lebensdauer. Gleichzeitig sind verschiedene Ausgleichsmechanismen für Arbeitnehmende mit tieferen Löhnen geplant. Sie sollen z. B. durch einen Rentenzuschlag eine höhere Rente haben.