Biodiversität

Biodiversität ist der Fachbegriff für biologische Vielfalt. Die Biodiversität umfasst die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten auf der Erde (Artenvielfalt), die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische Vielfalt) sowie die Vielfalt der Lebensräume und Ökosysteme. Ein Ökosystem ist eine Lebensgemeinschaft von Lebewesen (z. B. Tiere, Pflanzen und Menschen) in ihrer Umwelt.

Übersicht

  • Was bedeutet Biodiversität?
  • Wieso ist die Biodiversität in der Schweiz gefährdet?
  • Welche Massnahmen gibt es zum Schutz der Biodiversität?

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Was bedeutet Biodiversität?

Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt der Natur. Dazu zählen die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt und die Vielfalt der Lebensräume. Die verschiedenen Bereiche sind eng miteinander verknüpft. Deswegen kann eine Veränderung in einem Bereich, z. B. der Vielfalt der Lebensräume, auch Veränderungen in einem anderen Bereich, wie der Vielfalt der Lebewesen, bewirken.

Artenvielfalt

Die Artenvielfalt bezeichnet die Vielfalt aller Arten auf der Erde. Das sind alle Tiere, Pflanzen, Pilze, Flechten und Kleinstlebewesen (Mikroorganismen). Die Artenvielfalt wird jeweils für einzelne Lebensräume bestimmt. Die Lebensräume können sehr verschieden festgelegt werden. Ein möglicher Lebensraum ist z. B. der gesamte Planet «Erde», ein anderer ein bestimmter Teich. Im Lebensraum «Schweiz» sind 56'009 mehrzellige Arten bekannt (Stand 2023). Davon sind 5'450 Pflanzen, 11'121 Pilze oder Flechten und 39’438 Tierarten.

Was sind Flechten?

Flechten sind eine Zusammensetzung aus Pilzen und bestimmten Algen oder Bakterien. Wenn diese sich verbinden, entsteht eine eigene Art. Vermutlich hast du auch schon Flechten gesehen; z. B. die gelben oder orangen Flecken auf Baumstämmen.

Was sind Mikroorganismen?

Mikroorganismen sind Lebewesen, die so klein sind, dass sie nicht von blossem Auge erkennbar sind. Zu den Mikroorganismen zählen z. B. Bakterien, aber auch gewisse Algen oder Pilze.

Genetische Vielfalt

Alle Lebewesen haben «Gene». Diese Gene bestimmen z. B. die Art des Lebewesens aber auch wie gross es wird. Alle Gene zusammen bilden das «Erbgut». Das Erbgut ist sozusagen die Bauanleitung für Lebewesen. Diese Bauanleitung ist für jedes Lebewesen unterschiedlich, auch für Lebewesen derselben Art. Du hast also z. B. ein anderes Erbgut als dein Nachbar, obwohl ihr beide Menschen seid.

Die genetische Vielfalt bezeichnet genau diese Unterschiede im Erbgut innerhalb derselben Art. Diese Vielfalt ist wichtig, weil sich die Arten so ihrer Umwelt anpassen können. Das, weil durch die verschiedenen Gene die Wahrscheinlichkeit steigt, dass auch ein Gen vorhanden ist, welches sich z. B. einem wärmeren Klima anpassen kann.

Die Genetische Vielfalt kann sowohl für eine gesamte Art als auch für eine sogenannte «Population» gemessen werden. Die Population ist die Menge Lebewesen derselben Art in einem bestimmten Lebensraum. Es gibt z. B. in ganz Europa Rehe, aber wenn man über die Rehe in der Schweiz sprechen möchte, spricht man von der «Rehpopulation» der Schweiz.

Vielfalt der Lebensräume

Ein Lebensraum (auch Ökosystem genannt) bezeichnet die Gemeinschaft bestimmter Arten und ihrer Umweltbedingungen (z. B. Klima, Gebirge, Meer). Ein Ökosystem wäre also z. B. der Wald, der aus bestimmten Bäumen, Tieren und Pilzen besteht, welche alle voneinander und vom Klima abhängig sind.

Viele Lebewesen sind nicht nur von einem, sondern von mehreren kleineren Lebensräumen abhängig, z. B. brauchen Frösche sowohl einen Lebensraum auf dem Land als auch einen Lebensraum im Wasser.  

Wieso ist die Biodiversität in der Schweiz gefährdet?

Die Biodiversität in der Schweiz ist aus vielen Gründen gefährdet. Es liegt beispielsweise an gesellschaftlichen Entwicklungen, die zu einer zu starken Nutzung von Landfläche geführt haben. Es liegt aber auch am Klimawandel und der Verbreitung von Arten, die eigentlich anderswo heimisch wären.

Gesellschaftliche Entwicklungen

Die Gewohnheiten der Gesellschaft haben sich in den letzten hundert Jahren stark verändert. Unter anderem:

  • brauchen wir mehr Energie, was bedeutet, dass mehr Stromproduktionsanlagen wie z. B. Solaranlagen gebaut werden müssen.
  • reisen wir mehr zwischen verschiedenen Orten hin und her. Dafür braucht es mehr Mobilitätsinfrastruktur wie z. B. Bahnstrecken und Strassen.
  • ernähren wir uns anders. Deswegen wird viel Fläche für Landwirtschaft genutzt.
  • haben mehr Menschen mehr Hobbys im Freien, wie z. B. Skifahren oder Wandern.

 

All diese Entwicklungen beanspruchen Landflächen, die speziell dafür genutzt werden. Pro Tag wird in der Schweiz etwa die Fläche von acht Fussballfeldern überbaut. Zudem ist es so, dass besonders auf landwirtschaftlichen Flächen durch den grossflächigen Einsatz von Dünger und Pestiziden viel Biodiversität verloren geht. Diese sind schlecht für den Boden, da Dünger dem Boden nicht genug verschiedene Nährstoffe gibt und Pestizide giftig sind.

 

Klimawandel

Der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität hängen fest zusammen. Viele Arten sind auf ein bestimmtes Klima eingestellt. Wird es zu warm oder zu kalt, müssen sie anderswo hin oder sie sterben. Umgekehrt können Pflanzen und Tiere helfen, den Klimawandel zu bekämpfen, indem sie z. B. Treibhausgase aus der Atmosphäre filtern.

 

Ein Beispiel für eine Schweizer Tierart, die vom Klimawandel bedroht ist, ist die Nidwaldner Haarschnecke. Bisher wurde die Schnecke nur in drei Kantonen gefunden: Nidwalden, Obwalden und Uri. 

 

Die Nidwaldner Haarschnecke ist zwischen fünf und sechs Millimeter gross und ist hellbraun. Sie lebt auf einer Höhe von mindestens 1900 Meter über dem Meeresspiegel und versteckt sich meistens unter flachen Steinen. Da die Schnecke bereits sehr weit oben auf den Bergen zu Hause ist, hat sie kaum Möglichkeiten, weiter nach oben zu kriechen, wenn sich das Klima in der Schweiz weiter erwärmt.

 

Fremde Arten

Durch die Globalisierung gelangen auch immer mehr fremde Arten in die Schweiz. Fremde Arten sind Arten, die in der Schweiz nicht heimisch sind. Aktuell gibt es in der Schweiz 1305 fremde Arten. Die meisten davon schaden der Biodiversität nicht. Es gibt aber einige, die durch ihre Ausbreitung den natürlichen Lebensraum der heimischen Arten möglicherweise übernehmen und gefährden. Diese Arten werden «invasive» Arten genannt. Sie machen etwa 15 Prozent aller fremden Arten aus. Der Bund hat hier eine Liste aller invasiven Arten.

Welche Massnahmen gibt es zum Schutz der Biodiversität?

Die Biodiversität wird sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene geschützt.

Biodiversität in Wohngebieten (national)

Um die Biodiversität zu schützen, hat der Bund Qualitätsziele für Wohngebiete geschaffen. Dabei ist das grundsätzliche Ziel, dass nur so viel Fläche wie nötig neu bebaut wird.

Eine weitere Massnahme zum Schutz der Biodiversität in Wohngebieten ist z. B. die Schaffung und Erhaltung von Grün- und Wasserflächen, die möglichst naturbelassen sind. Dadurch bleibt etwas Biodiversität erhalten und die Wohngebiete werden zu Vernetzungsgebieten die verschiedenen Schutzzonen verbinden.

 Aktionsplan Biodiversität (national)

Den Aktionsplan Biodiversität gibt es seit 2017. Ursprünglich war er bis 2023 angedacht, er ist aber bis 2024 verlängert worden. 2024 wurde dann eine zweite Phase des Aktionsplans beschlossen. Diese Phase dauert von 2025 bis 2030.

Phase 1:
Die Phase 1 des Aktionsplans besteht aus drei Aktionsbereichen, in denen jeweils verschiedene Massnahmen enthalten sind. Ein Aktionsbereich ist ein Bereich, in welchem Handlungsbedarf besteht. 

Die Aktionsbereiche sind: 

  • Direkte, langfristige Förderung der Biodiversität :
    • Eine Massnahme in diesem Bereich ist z. B. die Erstellung und Erweiterung der ökologischen Infrastruktur und die Verbesserung der bestehenden Schutzgebiete.
  • Nachhaltige Nutzung, ökonomische Werte, internationales Engagement
    • Hier geht es darum, die Biodiversität aus verschiedenen Perspektiven zu erhalten und zu fördern; z. B. durch die Förderung von Biodiversität in Wohngebieten und die internationale und interkantonale Zusammenarbeit.
  • Generierung und Verbreitung von Wissen
    • Dieser Aktionsbereich sieht vor, dass das Wissen über die Biodiversität und deren Zustand in der Schweiz weiterverbreitet wird. Zudem sind darin auch Massnahmen vorgesehen, um die Forschung im Bereich Biodiversität zu unterstützen.  

Phase 2:
Die Phase 2 des Aktionsplans baut auf Phase 1 auf und erweitert diese. Ihr Ziel ist es, die Biodiversitätsziele der Schweiz sowie die Ziele des Rahmenabkommens von Kunming-Montreal (GBF) zu erreichen. Das Rahmenabkommen von Kunming-Montreal ist Teil des internationalen Biodiversitätsabkommens. Was das genau bedeutet, kannst du weiter unten nachlesen. 

Um diese Ziele zu erreichen, wurde für jedes Ziel der Strategie Biodiversität Schweiz geschaut, welche Ziele des GBF dazu passen. Aufgrund der Kombination der verschiedenen Ziele wurden dann Massnahmen erarbeitet. Insgesamt sind dabei 15 Massnahmen entstanden, welche die Aufgaben des Bundesamts für Umwelt (Bafu) sind.

Hier findest du den gesamten Aktionsplan Biodiversität 2025-2030.

Schutzgebiete (national)

Um die Biodiversität in der Schweiz zu schützen, braucht es eine ökologische Infrastruktur. Das ist ein Netzwerk von verschiedenen Flächen, die wichtig sind für die Biodiversität. Zu der ökologischen Infrastruktur gehören Kern- und Vernetzungsgebiete. Kerngebiete werden auch als Schutzgebiete bezeichnet.

Kerngebiete sind Gebiete, die besonders wichtig sind für die Biodiversität, z. B. weil es dort bereits viele verschiedene Arten gibt. Diese Gebiete allein reichen aber nicht aus, denn viele Arten wechseln regelmässig ihren Lebensraum. Damit sie das auch tun können, gibt es die Vernetzungsgebiete. Diese funktionieren wie eine Art Gang, der die Gebiete verbindet. So können die Arten für ihre Nahrungssuche, Fortpflanzung oder zum Eigenschutz von einem Ort zum anderen wechseln.

Laut Bund muss etwa ein Drittel der Fläche der Schweiz zu Kern- oder Vernetzungsgebieten werden, damit die Biodiversität erhalten werden kann.

Internationales Biodiversitätsabkommen

Es gibt mehrere internationale Abkommen zum Schutz der Biodiversität. Eines der wichtigsten ist das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD). Dieses Übereinkommen ist ein Vertrag zwischen 196 Ländern.

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt wurde 1992 verabschiedet. In der Schweiz ist es seit 1995 in Kraft. Alle beteiligten Länder müssen laut dem Übereinkommen Massnahmen zum Schutz der Biodiversität und zur nachhaltigen Nutzung ergreifen. Im Rahmen des CBD haben die Länder 2010 neue Strategie für Biodiversität für die Jahre 2011-2020 und die Biodiversitätsziele festgelegt. Keines der gesetzten Ziele wurde bis 2020 komplett erreicht.

Im Jahr 2022 haben die beteiligten Länder deswegen erneut ein Abkommen geschlossen. Dieses heisst Globaler Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal. Darin gibt es Ziele bis 2030 und Ziele bis 2050. 

Zu den Zielen bis 2030 zählt unter anderem der Schutz von 30 Prozent der weltweiten Oberfläche, inklusive Gewässer und Meere. (2022 waren 10 Prozent der weltweiten Oberflächen geschützt).

Zu den Zielen bis 2050 zählt unter anderem der Erhalt der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art.

Genetisch vielfältig bedeutet, dass viele verschiedene Lebewesen mit unterschiedlichen biologischen Eigenschaften der Umwelt erhalten bleiben. Genetisch vielfältig innerhalb einer Art bedeutet, dass es von derselben Art (z. B Schafe), möglichst viele Tiere gibt, die nicht direkt verwandt sind.

  • Hier findest du das komplette Übereinkommen über die Biologische Vielfalt.
  • Hier findest du den Pressebericht der CBD von 2022 (auf Englisch).