Pflegeinitiative28. November 2021

Ziel: Es soll mehr Pflegepersonal in der Schweiz ausgebildet werden, um die Qualität der Pflege sicherzustellen. Die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal sollen verbessert werden.

Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)»

Ausgangslage

Die Pflege ist ein Teil der medizinischen Versorgung. Der Bedarf nach Pflegepersonal steigt laufend. Der Bund und die Kantone haben in den letzten Jahren bereits verschiedene Massnahmen ergriffen, um die Situation des Pflegepersonals zu verbessern, z. B. ein Wiedereinstiegsprogramm.

Nun wurde eine Volksinitiative eingereicht, damit der Bund und die Kantone zusätzliche Massnahmen ergreifen, die Ausbildung von Pflegepersonal fördern und die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern. Deshalb stimmen wir nun darüber ab.

Das Parlament hat einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative ausgearbeitet.

Was würde sich ändern?

Wird die Vorlage angenommen, wird die Bundesverfassung um einen Artikel zur Pflege ergänzt. Bund und Kantone sind für eine gute Qualität der Pflege verantwortlich. Der neue Artikel schreibt vor, dass Bund und Kantone:

  • genügend Pflegepersonal ausbilden;
  • Pflegepersonal in den Bereichen einsetzen, in denen es ausgebildet ist.

Zusätzlich soll der Bund:

  • die Arbeitsbedingungen in der Pflege bindend festlegen (z. B. Höhe der Löhne);
  • einen höheren Preis für Pflegeleistungen festlegen;
  • Massnahmen ergreifen, damit sich Pflegepersonal weiterbilden kann;
  • mehr Pflegeleistungen definieren, die das Pflegepersonal ohne ärztliches Einverständnis mit Krankenkassen abrechnen darf.

Argumente der Befürworter/-innen

  • Es gibt in keinem Beruf mehr offene Stellen als in der Pflege. Es braucht deswegen mehr Pflegepersonal.
  • Es gibt zu viele Berufsausstiege. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen deshalb verbessert werden, z. B. durch faire Löhne und mehr Weiterentwicklungsmöglichkeiten.
  • Es braucht genügend gut ausgebildetes Personal, um die Qualität der Pflege zu garantieren.

Argumente der Gegner/-innen

  • Die Spitäler und Kantone sollen weiterhin die Löhne und Arbeitsbedingungen in der Pflege regeln, nicht der Bund.
  • Die Verfassung garantiert die medizinische Grundversorgung. Die Pflege muss nicht einzeln erwähnt werden.
  • Es braucht Kontrollmechanismen zur Abrechnung von Pflegeleistungen ohne ärztliches Einverständnis, damit die Gesundheitskosten nicht zu stark steigen.

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Ausgangslage: Pflegeberuf

Der Pflegeberuf steht im Moment vor einigen Herausforderungen. Menschen werden immer älter und sind auf Pflegepersonal angewiesen. Gleichzeitig gibt es zu wenige Pflegerinnen und Pfleger. Zurzeit sind rund 10'000 Pflegestellen nicht besetzt. Im Zeitraum von 2019 bis 2029 werden in der Schweiz schätzungsweise 70'500 neue Pflegerinnen und Pfleger benötigt. In der Schweiz fehlt es auch an Pflegepersonal in Ausbildung. Bis zum Jahr 2029 werden etwa 14'500 ausgebildete Pflegepersonen fehlen

Bisherige Massnahmen zur Stärkung des Pflegeberufs

Mehr Selbstständigkeit im Pflegeberuf
Nach einer ersten Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt, darf das Pflegepersonal selbstständig bestimmen, welchen Pflegebedarf eine Patientin oder ein Patient hat. Pflegebedarf kann beispielsweise die Grundpflege oder Beratung der Patientinnen und Patienten sein. Diese Regelung gilt seit Anfang 2020. Vor 2020 musste der Pflegebedarf zuerst mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden.

Masterplan Pflegeberufe
Der Bund und die Kantone haben gemeinsam Massnahmen entwickelt, die eine Ausbildung in einem Pflegeberuf attraktiver machen. Dank diesen Massnahmen ist die Anzahl der Abschlüsse in Pflegeberufen gestiegen. Der Masterplan Pflegeberufe beinhaltet drei Schwerpunkte:

  • Ausbildungs- und Praktikumsplätze werden nach dem aktuellen Bedarf bereitgestellt.
  • Verschiedene Bildungswege im Pflegeberuf werden gefördert. Damit sind alle Bildungswege von der beruflichen Grundbildung bis zur höherer Berufsbildung gemeint.
  • Massnahmen in Zusammenhang mit ausländischen Pflegekräften.

Stärkung des Berufsbilds
40 Prozent aller Personen, die eine Ausbildung als Pflegepersonal gemacht haben, verlassen den Beruf frühzeitig. Viele Personen arbeiten dann nicht mehr oder wechseln den Beruf. Der Bund hat verschiedene Massnahmen entwickelt, um Pflegeberufe zu stärken.

  • Wiedereinstiegsprogramme verbessern die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufen im Gesundheitswesen.
  • Mit einer Imagekampagne fördert der Bund das Berufsbild der Langzeitpflege. Langzeitpflege benötigen vor allem ältere Personen, Personen mit einer Behinderung oder chronisch Kranke.
  • Der Bund fördert die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie.

Pflegeinitiative vs. indirekter Gegenvorschlag

Um den Pflegemangel zu bekämpfen und den Pflegeberuf zu stärken, wurde die Pflegeinitiative eingereicht. Wird die Initiative angenommen, das Gesetz in die Verfassung aufgenommen. Der Bundesrat und das Parlament unterstützen das grundsätzliche Ziel, die Initiative geht ihnen aber zu weit. Aus diesem Grund haben sie einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet: 

Pflegeinitiative vs. Indirekter Gegenvorschlag

Genügend ausgebildetes Pflegepersonal

Pflegeinitiative:

Die Initiative fordert Massnahmen, damit mehr Personen sich zu Pflegepersonal ausbilden lassen.

Indirekter Gegenvorschlag:

Die Ausbildung in Pflegeberufen wird finanziell unterstützt. In den nächsten acht Jahren geben Bund und Kantone eine Milliarde Franken.

Arbeitsbedingungen

Pflegeinitiative:

Die Arbeitsbedingungen in Pflegevorrichtungen (Spital, Pflegeheim, Spitex) werden einheitlich durch den Bund geregelt. 

Indirekter Gegenvorschlag:

Die Arbeitsbedingungen werden weiterhin von Kantonen, Betrieben und Sozialpartner geregelt. 

Lohn

Pflegeinitiative:

Der Bund regelt den Lohn für Pflegeberufe. 

Indirekter Gegenvorschlag:

Der Lohn wird weiterhin von Pflegevorrichtungen (Spital, Pflegeheim, Spitex) geregelt.

Berufliche Weiterbildung

Pflegeinitiative:

Der Bund bietet Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung an. 

Indirekter Gegenvorschlag:

Bildungseinrichtungen sorgen weiterhin für Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Pflegeleistung direkt abrechnen

Pflegeinitiative:

  • Das Pflegepersonal darf bestimmte Pflegeleistungen ausführen, ohne dass sie eine Ärztin oder ein Arzt angeordnet hat.
  • Damit die Krankenkasse die Kosten für die Pflegeleistungen übernimmt, darf das Pflegepersonal die Pflegeleistungen selbstständig abrechnen.

Indirekter Gegenvorschlag:

  • Das Pflegepersonal darf bestimmte Pflegeleistungen ausführen, ohne dass sie eine Ärztin oder ein Arzt angeordnet hat.
  • Damit die Krankenkasse die Kosten für die Pflegeleistungen übernimmt, darf das Pflegepersonal die Pflegeleistungen selbstständig abrechnen.
  • Damit es klar ist, welche Pflegeleistungen abgerechnet werden können, wurde ein Kontrollmechanismus ausgearbeitet.